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Lebensmittelausgabe wichtiger denn je

22.08.22

Es ist Montag 12:00 Uhr vor dem Mehrgenerationenhaus in der Wassertorstrasse. Frank & Karsten tragen schwere Kisten mit Lebensmittel vor die Tür und stellen sie auf die kleine Mauer vor dem Eingang. In den Kisten sind Gemüse, Brot vom Vortag und Milchprodukte. Gelegentlich ist auch Fleisch kurz vor dem Ablaufdatum dabei, je nachdem was gespendet wird. „Wir können Essen von Supermärkten abholen, die kurz vor dem Verfallsdatum stehen oder bereits drüber sind, sowie Obst und Gemüse das dort nicht mehr verkauft werden kann. Bäckereien aus dem Kiez liefern uns Brot vom Vortag. Toll ist es wenn Nachbar:innen Lebensmittel spenden! Diese sind immer am längsten haltbar,“ lächelt Frank.

Vor dem Haus sammeln sich Menschen an.  Manche der Kreuzberger:innen sitzen auf Bänken andere stehen in Grüppchen und unterhalten sich. Es wird Deutsch gesprochen, Arabisch, Türkisch, Polnisch, Englisch und seit einigen Monaten auch vermehrt Ukrainisch. „Pro Person bitte nur eine kleine Tüte füllen,“ erklärt Karsten den neuen Besucher:innen und achtet darauf, dass das Essen gerecht auf alle verteilt wird. „Heute gibt es einen Salatkopf pro Person, ein paar Kartoffeln, einen Liter Milch, Joghurt und etwas Fleisch. Allerdings ist es oft weniger,“ seufzt Frank. „Jetzt wo Lebensmittelpreise nach oben gehen planen Supermärkte näher am Verfallsdatum und wir bekommen weniger Spenden. Dabei bräuchten unsere Nachbar:innen eigentlich mehr Essen.“

Der Regelsatz für Nahrung beträgt 2022 für Hartz IV Empfänger:innen 155,82 Euro pro Monat (taz) und war somit auch vor der Inflation bereits knapp bemessen. Jetzt wo der Preis von Lebensmitteln um 12,7% (zdf) zum Vorjahr angestiegen ist bleibt vielen nichts Anderes übrig als das zu essen was sie bei Lebensmittelausgaben bekommen können.  Allein im direkten Quartier Wassertorplatz leben über 4.600 Menschen von Transferleistungen (SenStadt) zu welchen unter anderem Arbeitslosengeld II (Hartz IV) zählt und sind somit zur Nutzung von Lebensmittelausgaben berechtigt.

Karsten und Frank nehmen sich gerne Zeit für Gespräche mit den Leuten. Hier ist das wichtigste Thema die steigenden Kosten. Eine bulgarische Frau erzählt: „Meine vier Enkel übernachten regelmäßig bei mir, wenn meine Tochter und ihr Mann in Spätschicht arbeiten gehen. Dank der Lebensmittelausgabe kann ich ihnen Abendessen machen, denn die Preise im Supermarkt kann ich mir einfach nicht mehr leisten.“ Auch eine deutsche Rentnerin meldet sich zu Wort. Es ist der letzte Tag im Monat. „Gestern und heute habe ich kein Geld mehr. Die Preise steigen so schnell, man kann gar nicht haushalten.“

Mit unserer Lebensmittelausgabe leisten wir daher einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Grundbedürfnisse unserer Nachbar:innen. Dies zieht weite Kreise: Wenn das Nötigste garantiert ist, haben Menschen auch Zeit und Kraft für die schönen Dinge des Lebens.

Ein Beitrag von Sabrina Harster